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ECKART
HAHN
Galerie Schlichtenmaier
Katalog zur Ausstellung in der Galerie Schlichtenmaier Stuttgart
29. Oktober – 27. November 2021
EC
K
ART HAHN
SHIMENAWA
ONLINE-KATALOG
Scannen Sie diesen QR-Code oder folgen Sie dem Link
www.schlichtenmaier.de/katalog/eckarthahn_shimenawa
um zur ONLINE-Version des Kataloges zu gelangen.
3
Du sollst dir ein Bild machen
»Vertraue niemals dem Geschichtenerzähler. Vertraue nur der Geschichte.«
»Die Fiktion ist die Lüge, die schließlich die Wahrheit sagt.«
»Ich kann Dinge glauben, die wahr sind, und Dinge, die nicht wahr sind, und ich kann
Dinge glauben, von denen niemand weiß, ob sie wahr sind oder nicht.«
Neil Gaiman
Die dritte Einzelausstellung der Galerie Schlichtenmaier mit Arbeiten von Eckart Hahn trägt den Titel
»Shimenawa« – dieses für europäische Ohren exotisch-klangvolle Wort steht zum einen für die zunehmende
Verrätselung der Welt: Wer die grundlegenden Übereinkünfte nicht mehr kennt oder akzeptiert, verliert
alle Kontexte und sieht sich einer eigenen Wirklichkeit gegenüber. Zum anderen verweist der Titelbegriff
auf ein Tau aus Stroh, das im Shintoismus eine Grenze markiert zwischen dem diesseitigen Leben und dem
jenseitigen Sitz der Götter. Die Kunst Eckart Hahns ist sich der Symbolik bewusst, die sich weniger religiös
versteht, als dass sie die virtuelle und numinose Welt in Augenschein nimmt, um das Gesehene in Frage zu
stellen und des Unglaublichen auf der Leinwand zu vergewissern.
Eckart Hahn ist in gewisser Weise ein Verpackungskünstler. In einer früheren Werkphase hüllte er seine
Sujets in handelsübliche Plastiktüten – doch anders als etwa bei Christo und Jeanne-Claude war bei Eckart
Hahn die Tüte zugleich der Gegenstand: Der Maler entlieh sich szenisch komponierte Gruppenbildnisse
aus der Kunstgeschichte, malte diese als Tüten-Stück nach, wobei der Betrachter wusste, dass nur die
Verpackungen das Motiv ergaben (bei Christo gehörte zwingend dazu, dass jeder wusste, unter der Hülle
war der Gegenstand verborgen). Seit einiger Zeit nimmt das Seil die Rolle des Verpackens ein. Auch hier
werden Gegenstände, Menschen und Tiere unter den gewundenen Seilen verborgen beziehungsweise
ersetzt. Doch verwendet Eckart Hahn die Taue vielfältiger: als Umschnürtes (Seil als Verhüllungsmaterial),
Eigenständiges (Seil als Seil), Attributives (Seil als spezifscher Bedeutungsträger) oder Zeichen (Seil als
Schrift). Die vielen Verwendungen lassen es nicht zu, das Seil allein tiefenpsychologisch zu deuten. Wohl
legt die Funktion des Seils es nahe, dass es um Bindungen und Bindungsängste, Zusammenhaltendes und
Zusammenschnürendes geht, aber festlegen kann man sich kaum. Dazu kommt auch die Farbigkeit, die
mal kontextuell, mal farbkompositorisch eingesetzt ist – in der aktuellen Ausstellung tauchen gelbe, blaue,
rote, grüne, orangefarbene Seile auf, die wiederum eigene Assoziationen wecken.
Es mag auch eine meditative Übung oder sogar pure Lust sein, diese drehgefochtenen Seile so akkurat in
Szene zu setzen, wie es hier geschieht, von der Last ganz zu schweigen, die manchmal formatfüllenden
4
Strickverläufe mühsam auf die Leinwand zu setzen. Man muss nicht gleich von einem mantra-gemäßen
Akt reden, gerade bei den eng aneinandergelegten Seilen, um das Besondere dieses Tuns zu umschreiben.
Aber es geht in diese Richtung, wenn auch kein gesprochenes Wort oder ein Vers, kurzum ein spiritueller
Klangkörper in Schwingung versetzt wird. Das reihenweise Repetieren des immergleichen Seilmusters hat
jedoch schon etwas von den rituellen Wiederholungen eines Mantras. Eine weitere Parallele wäre denkbar
zwischen dem Ansatz des Mantras zur meditativen Transformation des Denkens und der malerischen Trans-
formation eines Denkbildes, wie es Eckart Hahn immer wieder und auch ausdrücklich anstrebt. Versteht
man den Sanskrit-Begriff des Mantras als hymnische Lautäußerung, mag er tatsächlich zu weit gehen, legt
man dessen Wortwurzeln (Geist/Schutz oder Geist/Instrument) zugrunde, ist man beim Instrumentarium
des schützenswerten Geistes – einer Idee, die Eckart Hahn nicht fremd ist. Aber um das Mantra nicht allzu
sehr zu bemühen, trifft für seine Kunst das Wort »Affrmation« als Haltung zu, die ihn positiv genug stimmt,
um die Fasern der dargestellten, in sich gewundenen Seile in der ihm eigenen Akkuratesse zu malen.
Affrmation meint in diesem Zusammenhang nicht nur eine Bejahung. Es gibt den Begriff auch im Bereich
der Spiritualität. Dazu gehören auch die Disziplin und Konzentration, mit der Eckart Hahn arbeitet. Der
affrmative Wille ist auf die Arbeit an sich beschränkt. Inhaltlich geht es ihm um die Offenlegung paradoxer
Selbstbespiegelungen und zersetzender Verschwörungstheorien im Umgang mit Medien, die nicht mehr
kontrollierbar sind und neue Fragen an unser Verhältnis mit der Welt um uns und der außerhalb von uns
aufwerfen.
Damit ist eine Basis geschaffen, von der aus der Künstler den Titel seiner Ausstellung benannt hat. »Shime-
nawa« ist ja nicht nur ein Seil, es ist im Shintoismus Symbol für die Trennung von Diesseits und Jenseits,
von Profanem und Göttlichem, von Erde und Himmel. Die japanischen Vorbilder sind unterschiedlich groß,
mitunter zentnerschwer, oft in Verbindung mit der Schreinarchitektur. Die ständige Erneuerung macht das
Seil zur steten Auseinandersetzung von Transparenz und Transzendenz – ein Dialog, der für Eckart Hahn
durchaus von Belang ist: Sein Seilmotiv verdichtet sich das eine Mal, öffnet sich ein anderes Mal, verbindet
sich im Kontext mit der Idee von sich (»Selfie«) und der Identität (»Identity«), dem Leben (»Big Wheel«)
sowie dem Werden und Vergehen (»The Buzz«) oder dem Anfang und dem Ende (»Thimble«), dem
religiösen Zweifiel (»Blue Man«, »Of God«) und der Erlösung (»Dreamer«), von alten und neuen Göttern
(»Hanuman«, »Ra«), dem Ritus (»Häuptling«) und dem Spiel (»Kitty Cat«), und nicht zuletzt mit dem Titel-
thema Shimenawa (»Red Rope«). Der spielerisch freie Umgang mit der Seil-Metapher schließt freilich auch
die Überwindung des Sinnhaften mit ein. Wenn das Seil schon für das Trennende steht, so muss es auch
Möglichkeiten geben, es im Bild aufzuheben. Das rote Seil, das Eckart Hahn geradezu zwischen Himmel und
Erde verlaufen lässt, ist bis auf wenige Fasern gerissen oder abgeschnitten. Drei Vögel, ihrerseits symbolische
Vermittler zwischen dem Himmlischen und Irdischen, tummeln sich an der Rissstelle.
5
»Red Rope« kann aber auch ganz anderes bedeuten. Die Arbeiten von Eckart Hahn festlegen zu wollen in
ihrer Bedeutung, misslingt, da sie immer vielschichtig angelegt sind. Das rote Seil könnte auch ein Pendant
zum roten Faden sein, der sich etwa durch eine Ausstellung zieht. Das wäre hier das Seil. Wenn ein solches
in einer anderen Arbeit durch ein Nadelöhr passt, ist das Bild des Fadens nicht so abwegig. Der rote Faden
steht ohnehin im übertragenen Sinn, weshalb die gelben, blauen, grünen Seile nichts zur Sache tun. Auf
der Klaviatur der hoch- und tiefgestimmten Bedeutungen kommt fast zu kurz, dass es hier um Malerei geht.
Dabei verwahrt sich der Künstler zurecht dagegen, wenn man seine so feinsinnige, aber von jeder Pinsel-
spur befreiten Handschrift als altmeisterlich bezeichnet. Versteht man unter dem Label »altmeisterlich«
einen nachempfundenen Stil, dann ist Eckart Hahns Kunst das Gegenteil davon. Seine Kunst ist mittlerweile
unverwechselbar.
Auch wenn das Thema der Verhüllung zentral ist und über das Motiv des Seils auch ein bestimmender
roter Faden durch das Werk geht, betreffen sie eher Äußerlichkeiten, wenn auch entscheidende. Wer Eckart
Hahns Œuvre Revue passieren lässt, findet eine Protagonistenschar von Tieren vor sich, die einmal in der
umwickelten, bis auf die Fasern genauen Seilstruktur erscheinen, ein andermal in ihrer ganzen Pracht,
ein visuell-haptisches Vergnügen der Oberflächenbehandlung des Federkleids oder des Fells. So stellt sich
immerzu die Frage der Wirklichkeit, auch der Wahrhaftigkeit. Eckart Hahn macht sich ein Bild von der Welt,
stellt sie in Frage, verfremdet sie im Umgang mit dem tierischen Personal, das zuweilen menschlich-allzu-
menschliche Züge annimmt. Unter der leitmotivischen, gegenreligiösen Prämisse »Du sollst dir ein Bild
machen« versetzt er als Schöpfer die dargestellten Figuren in die Rolle sich bewährender oder scheiternder
Lebewesen: fiegende Traum-Pinguine, balancierende Chamäleons auf Beutefang, Tiergötter unter Kon-
kurrenzdruck. Die immer wieder auftauchenden Menschen (»Blue Man«) und sogar die scheinbaren Dinge
(»Thimble«) sind in ihrer Selbstbespiegelung nicht besser dran. Im Zeitalter der virtuellen Welten und
Selfies wird konstant ein Bild von sich gemacht, welches nur selten das echte Bild hinter der ›gemachten‹
Wirklichkeit trifft. Die Wahrnehmung ist anders geworden durch die neuen Medien. Der Selfie-Affe ist zu
nah herangezoomt, Hanuman passt nur zum Teil aufs Bild, der Nadelkissenfingerhut beginnt unerwartet
zu bluten, die Begegnung Jesu mit dem ungläubigen Thomas wird dagegen zu einer Art Offenbarungseid,
weil die ertastete Wunde sich nicht wirklich zeigt. Welche Bilder machen wir von uns? Und der Künstler
von sich? Er macht sich Bilder aus seiner Phantasie heraus, inspiriert von allem, was ihn sinnlich anfutet.
Wir können sie glauben. Oder nicht.
Günter Baumann
6
1971 geboren in Freiburg / Breisgau
1990 – 1991 Ausbildung zum Fotografien, Stuttgart
1991 – 1993 Studium der Kunstgeschichte, Tübingen
1995 – 1998 Studium Graphik-Design, Stuttgart
2005 Förderpreis des Verbandes Bildender Künstler*innen Baden-Württemberg
lebt und arbeitet in Reutlingen
7
EINZELAUSSTELLUNGEN / Auswahl
2020 Götterfunken, Pablo’s Birthday, New York, USA
Elevation Day, Kunstmuseum Reutlingen, Deutschland
2019 NEXUS, Galerie Wagner + Partner, Berlin, Deutschland
EDEN, Galerie Schlichtenmaier, Stuttgart, Deutschland
2018 Der schwarze Hund trägt bunt, Haus am Lützowplatz, Berlin, Deutschland
Der schwarze Hund trägt bunt, Neue Galerie Gladbeck, Deutschland
Ropes and Chains, Pablo´s Birthday, New York, USA
Der schwarze Hund trägt bunt, Kunsthalle Villa Rot, Deutschland
2017 LIMBUS, Galerie Wagner + Partner, Berlin, Deutschland
2016 CLAY/CRYSTAL/COLOR, Aeroplastics, Brüssel, Belgien
Schere, Stein, Papier, Galerie Schlichtenmaier, Stuttgart, Deutschland
BOUND, Pablo´s Birthday, New York, USA / Aeroplastics, Brüssel, Belgien
2015 MYZEL, Kunstverein Schwäbisch Hall, Deutschland
MYZEL, Galerie Wagner + Partner, Berlin, Deutschland
2013 Still Painting, Mannheimer Kunstverein, Deutschland
Asphodeliengrund, Galerie Wagner + Partner, Berlin, Deutschland
2012 Ancient Light, Pablo´s Birthday, New York, USA
Der schwarze Duft der Schönheit, Städtisches Kunstmuseum Singen, Deutschland
Das Loch im Zaun, Galerie Rothamel, Frankfurt a. M., Deutschland
2011 Mythos incorporated, Galerie Wagner + Partner, Berlin, Deutschland
Der schwarze Duft der Schönheit, Kunstpalais Erlangen, Deutschland
Der schwarze Duft der Schönheit, Kunstmuseum Heidenheim, Deutschland
2010 GRAT, Kunstverein Reutlingen, Deutschland / Zwischenwelt, Galerie Rothamel, Erfurt, Deutschland
2008 Autre monde, Galerie Rothamel, Frankfurt a. M., Deutschland
Face the flames, Pablo´s Birthday, New York, USA
2007 Einblicke, Stadtgalerie Klagenfurt, Österreich
2006 Fremde Spuren, Galerie Burkhard Eikelmann, Düsseldorf, Deutschland
2005 Basislager, Städtische Galerie Ostfildern, Deutschland
2002 Dem Leben verbunden, Kloster Seeon, Deutschland
8
Of God, 2020
Acryl auf Leinwand, 80 × 60 cm
Of God
Wir legen uns unsere Wahrheiten zurecht – der Gedanke kommt uns in den Sinn, wenn wir diese Zusam-
menstückelung kleiner Seilteile zu einer Wortfolge sehen. Eckart Hahn greift eine religiöse Binsenweisheit
auf, die real kaum greifbar, jedoch mehr als nur eine Glaubensfrage ist. Für das Christentum ist es ein
Grundpfeiler der Erkenntnis: die Liebe Gottes. Der Künstler entwirft mit Schnüren den Schriftzug »Love
of God«. Materiell erscheint er eher ruppig als liebevoll, da es sich um Stückwerk handelt; darüber hinaus
sind manche Seil-Enden grob verknotet oder fransen aus. Irritationen entstehen bezüglich der Aussage:
»Love« erscheint nahezu achtlos geschildert, fehlt obendrein im Titel, der sich mit dem fragmentarischen
Rätselwort »Of God« begnügt. Mit einiger Phantasie kann man das Wort auch als »Lack« (Ermangelung)
lesen, was jene Aussage komplett ins Ungewisse verlegt. Mehr noch: Geht man von der religiösen Prämis-
se »Am Anfang war das Wort« aus, gerät zumindest das geschriebene Wort in Misskredit, wenn es nicht
gesichert hält, was es verspricht. Bedeutung erhält der kleine Wellensittich, der sich auf dem oberen Seil-
wort niedergelassen hat und der unscheinbar und doch kaum übersehbar Besitz vom ganzen Bild nimmt:
In der Traumdeutung steht er als Einzelwesen für die Einsamkeit sowie für die Sehnsucht nach Liebe. So
fängt Eckart Hahn die in Frage gestellte Sinnhaftigkeit der Liebe Gottes wieder in seinen Bildkosmos ein.
Die ästhetische Komposition, unterstrichen durch die ornamentalen Schnurschnörkel rechts und links der
Präposition in der Mitte des Bildes, macht die Glaubensweisheit über alle Zweifiel und Irritationen der Aus-
sage hinweg darstellbar, mit allem Wenn und Aber. Die Arbeit berührt noch eine andere, sprachliche Ebene.
Eckart Hahn, der sich gern während des Malens von Hörbüchern inspirieren lässt, räumt ihr viel Platz ein.
Wenn wir die einfache Formel »Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott« auf dieses Gemälde
beziehen, wird die Diskrepanz zwischen Wort und Bedeutung offensichtlich.
Auf das Wort und die – heilige – Schrift ist nicht mehr Verlass, die ehemalige Seinsgewissheit, wo das reli-
giöse Wort noch eine feste Größe war, ist im medialen Zeitalter nicht mehr haltbar.
9
Of God
10
Big Wheel, 2021
Acryl auf Leinwand, 50 × 40 cm
Big Wheel
Eckart Hahn ist ein Staunender. Indem er sich über die Welt wundert und sich dieser Verwunderung male-
risch hingibt, erklärt er dies für eine alltägliche Übung. Durch seine absolut glaubwürdigen, da hyperreal
erfassten Darstellungen nimmt der Betrachter zunächst hin, dass er einer realen Situation gegenübersteht.
Erst beim zweiten Blick sieht er, dass Zweifiel an der scheinbaren Realität angebracht sind – wie in diesem
Bild: Das kreisrunde rote Seil im Zentrum des Gemäldes hat keinen Anfang und kein Ende. So begegnen
wir dem Kreis mit der symbolischen Gewissheit der Unendlichkeit und zugleich mit dem Bewusstsein der
materiellen Unmöglichkeit. Eckart Hahn, der sich immer wieder der Literatur und der Musik als Inspirations-
quellen bedient, wurde hier u.a. angeregt von einem Song der Gruppe Massive Attack, »Hymne of the Big
Wheel«, in dem es heißt: »The big wheel keeps on turning / On a simple line day by day / The earth spins
on its axis / One man struggle while another relaxes // There‘s a hole in my soul like a cavity / Seems the
world is out to gather just by gravity / The wheel keeps turning the sky‘s rearranging / …« (»Das große Rad
dreht sich weiter auf einer einfachen Linie Tag für Tag. Die Erde dreht sich um ihre Achse. Ein Mann kämpft,
während ein anderer sich entspannt. Da ist ein Loch in meiner Seele wie ein Hohlraum. Es scheint, als
wolle sich die Welt nur durch die Schwerkraft sammeln. Das Rad dreht sich weiter, der Himmel ordnet
sich neu …«). Das Rad des Lebens kommt in den Sinn, das sich in tiefer Nacht wie ein gefochtener Kranz
in Szene setzt, flankiert von einem grünen und einem gelben Seilfragment, die man als Symbol für ein
männliches (langgestreckt: Phallus?) und ein weibliches (gewunden: Vulva?) Prinzip deuten könnte, deren
Zeichen ja auch im gleichsam energetischen und in sich ruhenden Kreis ihre Entsprechung haben. Die Spe-
zifkationen für das Männliche und das Weibliche sind hier allenfalls noch als Relikte auffndbar, der Kreis
als gemeinsamer Nenner steht gewissermaßen für die Überwindung der Geschlechterrollen.
11
Big Wheel
12
Red Rope, 2021
Acryl auf Leinwand, 120 × 80 cm
Red Rope
Das titelgebende rote Seil zieht sich über die ganze Höhe des Bildes, umgeben von drei Vögeln, die ver-
gleichsweise klein sind, wenn nicht das Seil vielmehr extrem dick wäre. Zentral und daher von eminenter
Bedeutung ist das fast zerrissene Seil, das geradezu sprichwörtlich am seidenen Faden hängt – es fehlt
nicht viel und es ist entzwei. Unbekümmert scheint der blaue Vogel zu sein, der mit Neugierde oder schel-
mischer Freude die Rissstelle betrachtet: er könnte der Beobachter oder der Täter sein in dem Geschehen,
sein Interesse scheint jedoch darüber hinaus zu gehen, dass er auf unsicherem Grund steht. Dessen unge-
achtet machen sich zwei andere Vögel am oberen Teil des Seils zu schaffen. Eckart Hahn lädt die an sich
sinnen- und farbfreudige, unbefangene Szenerie mit einer großen Spannung auf. Der Betrachter weiß,
dass das Seil kurz davor ist zu reißen, während die drei Vögel ein nahezu harmonisches Ensemble im
gelb-blau-grünen Farbklang bilden, der das Rot des Seils umspielt. Tiere tragen bei Eckart Hahn meist
eine gewisse Unschuld in sich, auch wenn sie oft durchaus menschliche Züge annehmen. Das ist in der
Kunst- und Kulturgeschichte fest verankert.
Zum einen sind die beziehungsreichen Geschichten hinter den Darstellungen durchaus fabelverdächtig,
aber in diesem Fall kann man zum anderen religiöse Assoziationen zugrunde legen. Die Vögel sind in der
Bibel die Boten zwischen Himmel und Erde, Jenseits und Diesseits; Jesus spricht mit ihnen, weil sie eine
innere Freiheit verkörpern; und in Matthäus 6,26 heißt es: »Sehet die Vögel unter dem Himmel an: sie
säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen; und euer himmlischer Vater nährt sie
doch…«. Darin drückt sich auch ein Grundvertrauen aus, das freilich eine noch stärkere Herausforderung
durch das marode Seil erhält, dem etwa der blaue Vogel halbwegs zu vertrauen scheint. Zudem verweist
Eckart Hahn ausdrücklich auf ein Seilsymbol des Shintoismus, das dieser aktuellen Ausstellung der Galerie
auch den Namen gegeben hat: »Shimenawa«, ein Tabuzeichen, das man heute gern mit »Götterseil«
übersetzt. Mal fadenleicht, mal meterdick im Durchmesser, spielt das Seil hier in seiner undefinierten Dicke
darauf an, dass es weniger um reale als um symbolische Größen geht. Shimenawa sind gefochtene
Strohseile, deren Enden betont sichtbar sind. Sie dienen der Trennung der sichtbaren von der göttlichen
Welt, von Diesseits und Jenseits. Eckart Hahn kappt das Seil in der Mitte des Bildes, hebt somit diese Tren-
nung auf. Das Trennende des Seils wird hier in seiner Zerstörung zum Verbindenden zweier Seinsstufen.
13
Red Rope
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Ra, 2021
Acryl auf Leinwand, 90 × 70 cm
Ra
Eckart Hahn malt die Dinge und Lebewesen anders, als wir sie sehen. Dabei nutzt er unsere Wahrneh-
mungsgewohnheiten und unser selektives Sehen, um uns ironisch und gewitzt hinters Licht der sichtbaren
Welt zu führen. Das altägyptische Motiv ist hier offenkundig, der Titel »Ra« ist selbst im Kreuzworträtsel
ein gängiger Begriff für den Sonnengott (der auch Re heißt): der Gott mit dem Kopf des Horusfalken, farb-
kräftig gekleidet. Als Attribut ist die auf dem Kopf sichtbare Sonnenscheibe mit einer symbolischen Schlange
rundherum das wohl bekannteste. Eckart Hahn nutzt das Allzubekannte, um uns vor unserer eigenen
Betrachtungsgläubigkeit zu warnen. Mehr noch: er transportiert die tradierten Motive souverän in unsere
Jetztzeit, was uns durchaus irritieren soll. Wie war das doch gleich mit der Katze in Ägypten? Ra oder
Aton? Leichte Zweifiel locken uns ans Internet. Das Alte Reich, in dem Ra zum Staatsgott erklärt wurde,
dauerte von etwa 2700 bis 2200 v. Chr. Es war keineswegs so, dass die Götter immer fest verankert waren.
Auch sie kommen und gehen, selbst im alten Ägypten. Ra residierte gemäß dem Mythos einst auf der Erde,
bis es sich in den Himmel zurückzog. Das ist ewig her, aber wir leben in einer Welt, wo die vergötterten
Götzen geradezu in modischen Rhythmen kommen und gehen. Die Rede ist von den Markenartikeln,
Trends, die für manche Generationen schon existenzielle, wenn nicht transzendente Qualität haben. Der
Wechsel von alten und neuen ›Göttern‹ ist hier an der Tagesordnung, und was das Outft des ägyptischen
Gottes angeht, wäre er regelrecht trendy. Der aufwändig bearbeitete Unterbau der Vogelmaske und die
Kleidung sind nicht stoffich, sondern physisch: als Tattoo dargestellt. So kunstvoll diese Körperbehandlung
ist, so echt wirkt die Haut, übrigens auch der Falkenkopf: der gemalte Gott ist leibhaftiger als die Darstel-
lungen aus dem alten Ägypten. Das ins Profil gewendete Haupt folgt nicht nur der damaligen Ästhetik,
sondern wird real glaubhaft durch die Behandlung des Federkleids. Der Gott nimmt Sichtkontakt zur Katze
auf, die lässig auf seiner geöffneten Hand sitzt. Während wir uns noch überlegen, ob dies denn möglich
oder auch nur denkbar wäre, wird unser Blick abgelenkt: Die Katze, von Ra beäugt, nimmt ihrerseits die
Schlange ins Visier, die sich ihr vom Sonnenrad her zuwendet. Man hat geradezu den Eindruck, als handle
es sich hier um ein Machtpoker – man weiß um die Bedeutung der Katzen in Ägypten, die als Haustiere
ihre Verbreitung nahmen und in der Majestät ihres Auftretens zunehmende Verehrung erfuhren. Es geht
hier um Machtspielereien und Selbsterhöhungen zwischen Gott, Katze und Schlange, die – nebenbei
bemerkt – auch erst ein Seil war, bevor sie wohl im Anblick der Katze zum Reptil mutierte. Eckart Hahn
überführt ein mythisches Bild kraft seiner malerischen Brillanz und seiner überbordenden Phantasie in eine
Scheinwirklichkeit, in der ein vergangener Gott ein neues virtuelles Recht aufs Sein erhält, nahezu zeitge-
mäß, wenn nicht zeitlos.
15
Ra
16
Dreamer
Eckart Hahn spielt mit den Realitäten, bedient hier jedoch nicht nur eine, sondern bewegt sich malerisch
in allen zugleich. Das kommt auch der Wahrnehmung unserer Zeit entgegen, in der wir konstant mit realen,
virtuellen, eingebildeten und surrealen Wirklichkeiten konfrontiert werden, die von manchen nicht immer
ganz scharf auseinander gehalten werden können. Zu sehr haben sich die diversen Medien in unser Be-
wusstsein gedrängt, und was früher noch Traum und was wirklich war, wird heute durch Bildmanipulation,
Fake News oder Medienblasen zumindest hinsichtlich einer klaren Abgrenzung in Frage gestellt. Was ist
noch wirklich oder gar wahr? Eckart Hahn betitelt diese Arbeit mit »Dreamer«, weshalb der Betrachter wohl
den Pinguin als Träumer ausmachen wird. Aber ist das so? Könnte es nicht vielmehr der Betrachter oder
der Maler selbst sein, der hier träumt: Würde ein Pinguin überhaupt träumen können? Die Betrachter*innen
könnten sich zumal fragen, ob sie jemals von einem Pinguin geträumt haben. Als Symboltier ist er auch
nicht allzusehr verankert. Eine Porzellanarbeit von Jeff Koons zeigt ein Schwein und einen Pinguin in den
Armen Johannes des Täufers (1988), die jedoch bewusst die Symbolhaftigkeit dieser Tiere negiert – die
Kunstgeschichte wird kaum mehr Pinguine aufweisen als diese zwei. Wie auch immer: träumen wir uns
einen Pinguin, der wie auf dem Gemälde von Eckart Hahn durch den Raum fiegt, mit seinen Hinterbeinen
hält er ein Seil, dessen langes andere Ende auf dem Boden liegt, wie hingeworfen. Sofort beginnt der
Zweifiel am Geschehen: Fliegt der Pinguin? Wir wissen, dass er es nicht kann – wobei es getrickste Auf-
nahmen von fiegenden Pinguinen gibt, die ein Filmteam 2008 als Aprilscherz in die Medienwelt gab. So
wird zumindest das Wissen relativiert, nach dem Motto: Was denkbar ist, ist auch möglich. Aus der Traum!
Eckart Hahn spielt souverän mit den Imaginationen, ohne sich auf einen surrealistischen Bereich einzugren-
zen. Das Seil ist absolut real, und nicht der Pinguin, sondern dieses Seil gibt der Szenerie ein Raumgefüge
vor: es liegt, nein: ruht auf dem Boden, das Fliegen wäre also schon schwerlich vorstellbar – die drapierte
Statik des Seils bremst die gemutmaßte Aktion des Pinguins aus. Genauso, wie sich der zeitliche Aspekt
hier ins Unfassbare verlegt, ist auch der Raumbezug kaum zu greifen: Die horizontale Zweiteilung insinu-
iert eine Wand und einen Boden, die Vierteilung des Bildformats hebt die Raumlogik prompt wieder auf.
Wenn es sich um Schatten handeln würde, verliefe deren Linie nicht so akkurat über den Pinguin hinweg –
er würde zum platten Fisch mutieren. Eckart Hahn geht es um die Diskrepanz zwischen der zweiten und
dritten Dimension und um die Verortungen seiner malerischen Interventionen in diesem vielschichtigen
Kontinuum. Vielleicht ist es ein Traum oder eben doch vor allem multimedial inspirierte Malerei.
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Dreamer, 2021
Acryl auf Leinwand, 60 × 50 cm
Dreamer
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The Buzz, 2021
Acryl auf Leinwand, 50 × 35 cm
The Buzz
Ein grünes Chamäleon balanciert auf einem Seil, das aus seinem Greifschwanz erwächst und sich im ge-
fährlich grellen Grün des Kriechtiers nach unten ins Bodenlose schlängelt. Auffallend ist das Glaubwürdig-
keitsdilemma, ob sich hier tatsächlich ein Echsenwesen durchaus lebensecht nicht an einem Ast, sondern
nur an einem sehr viel leichteren Seil festhält. Der Titel »Buzz« bezeichnet ein »Summen, Brummen,
Schwirren« – damit kommen wir einer Deutung näher. Der wirre Verlauf des gefochtenen Seils ist die
erinnerte Spur des Insekts, das längst – so darf man vermuten – im Magen des irgendwie auch genüsslich
dreinschauenden Chamäleons verschwunden ist. Aus der Luft gegriffen ist das nicht, beschreibt Eckart
Hahn die Szenerie doch selbst so: »Das Chamäleon besteht zum Teil aus dem Schwirren seiner Beute.«
Das Bild gehört also gewissermaßen zur Tradition synchroner Kompositionen, die zwar hier nicht gerade
offenkundig mit verschiedenen Zeitebenen spielt, aber doch eine Situation darstellt, die dem tatsächlichen
Schauspiel des Beutesuchens symbolisch nahekommt: Das Chamäleon verharrt in Lauerstellung. Das Seil
versinnbildlicht die absolute, hektisch-unkontrollierbare Bewegung, dank der aufreizenden Farbigkeit
beginnt das Bild in der Phantasie zu vibrieren, das Schwirren der Fliege wird sichtbar. Pikant ist das Phäno-
men des Farbwechsels beim Chamäleon, der nicht der Tarnung dient, sondern der Kommunikation bzw.
Auseinandersetzung. Ob sich hier das Tier dem Seil anpasst oder umgekehrt, ist allenfalls eine theoretische
Frage. Es ist vor allem ein leuchtendes Capricco, das mit einem gehörigen Sound aufwartet, ein knallgrü-
nes Naturschauspiel des Werdens und Vergehens.
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The Buzz