Man muss nicht gleich an Platons Höhlengleichnis denken. Aber etwas ist anders in den Räumen der Galerie Schlichtenmaier am Kleinen Schossplatz in Stuttgart. Die Malerin Anna Bittersohl hat Hand angelegt, um das Ambiente sehr eindrucksvoll zu verändern, bevor ihre Ausstellung »tiny are the walls and flat is the roof« am kommenden Donnerstag um 19 Uhr eröffnet wird. Um ihre Kunst naturnäher zu entgrenzen, hat sie zwei Höhlensysteme in den Ausstellungsraum gebaut und wird auch für eine florale Erweiterung ihres Kunstbegriffs sorgen, auch für künstlichen Wind ist gesorgt. In und um dieses fiktive Berg- und Wald-Erlebnis ist Bittersohls Kunst eingebettet und gewissermaßen ausgelagert – denn ganz ohne die Galeriewände geht es dann natürlich doch nicht. Um bei Platon anzusetzen: es geht vielleicht nicht um eine gesteuerte Erkenntnis, wohl aber um eine Bewusstseinserweiterung. Denn genau diese bietet sie auch in ihren Gemälden und Papierarbeiten an: Die Figuration ist noch weiter entmaterialisiert, als sie es zuvor schon gewesen ist; ihre Spuren sind jedoch sinnlich tatsächlich noch spürbar. Die Farbpalette wird demgegenüber noch zusätzlich flankiert durch variierende Bildträger und Collagen, die der ohnehin vielschichtigen Malerei weitere Ebenen auch über das Format hinaus zuweisen. Die Ausnahmekünstlerin, die bei Ralph Fleck studiert hat, weist der Malerei ihrer Generation und sich selbst neue Wege. Zu sehen sind ihre neuen malerischen Arbeiten bis zum 7. Januar 2023.